Russland lesen I – III

Die dreiteilige Dokumentarfilmreihe Russland lesen erzählt die wechselhafte Geschichte der russischen Literatur von Puschkin bis Solchenizyn.

Russland lesen. 3 x 60 Minuten
Dokumentation 2003 © zero one film / S. Fischer Stiftung / SWR

Buch: Marina Korenva + Thomas Palzer / Regie: Thomas Palzer / Montage: Hanna Muellner und Lorenz Kloska / Kamera: Dragomir Radosavljevic / Ton: Klaus-Peter Schmidt / Sprecherin: Eva Mattes und Sabine Kastius / Wissenschaftliche Beratung: Antje Contius und Benjamin Beck / Juristische Beratung: Daniel Goroshko / Produktionsleitung: Tassilo Aschauer / Redaktion: Martina Zoellner und Kurt Schneider / Produzenten: Dietrich Simon und Thomas Kufus / Mit besonderem Dank an das russische Team: Olga Kalinina, Elena Kerebko, Tatjana Jakowlewa, Alexander Schukow, Elena Petuchowa Maria Malikowa, Alexander Illarionow.

 

Von Prophetenmund zu Prophetenohr

Unter Gogols Mantel: „Russland lesen“, fordert die S. Fischer Stiftung und gibt dafür klassische Texte und eine Fernsehserie heraus

In diesem Herbst kommt allerhand zusammen: Volker Neumann, der Chef der Frankfurter Buchmesse, setzt mehr denn je auf den Event und die Anbindung des Buches an Film und Fernsehen. Im Schwerpunktthema Russland wird das intermediale Rezept gleich umgesetzt. Pünktlich zur Messe hat die S. Fischer Stiftung ihr erstes Projekt entwickelt: Unter dem Titel „Russland lesen“ erscheint im Fischer Taschenbuch Verlag eine Kassette mit klassischen Texten der russischen Literatur. Parallel dazu wurde im Auftrag der Stiftung eine dreiteilige Fernsehserie produziert, die im Herbst über die dritten Programme mehrerer Anstalten ausgestrahlt wird.

Der Film von Thomas Palzer bietet bestes Bildungsfernsehen, ausgestrahlt zu später Stunde. Rare Bilddokumente aus russischen Archiven sind zu sehen, die bis zu den Puschkin-Feiern des Jahres 1880 reichen. Lobenswert ist auch die von Swetlana Geier herausgegebene Kassette (sechs Bände, 39,90 Euro), obgleich sie, außer einer von Ulrich Schmid besorgten Anthologie russischer Lyrik, keine neuen Titel enthält, sondern Lizenzausgaben anderer Verlage: Erzählungen von Puschkin, Gogol und Tolstoj, neben Dostojewskijs „Aufzeichnungen aus dem Kellerloch“ und einer nützlichen Sammlung von Programmschriften zur russischen Literatur, die Geier bereits im Puschkin-Jahr 1999 publiziert hatte.
„Wir kommen alle aus Gogols Mantel“, hatte Dostojewskij bekannt, in der prophetischen Überzeugung, dass dieser Mantel zuvor von Puschkin getragen wurde und danach alle künftigen Generationen der russischen Literatur bekleiden sollte. In diesem Sinne präsentieren Fernsehserie und Kassette die Geschichte der russischen Literatur als einen Stafettenlauf von Prophet zu Prophet, bis zur Rückkehr des letzten Propheten – Alexander Solschenizyn – in sein Heimatland, wo ihn keiner mehr hören will. Nur in der Kassette kommt die Gegenwart, von Lyrik abgesehen, ein wenig zu kurz, vielleicht aufgrund fehlender Lizenzvergaben.

Im Medienverbund wurde die S. Fischer Stiftung allerdings von den Tücken des „cross-promotion“ eingeholt. In dem geschmackvoll gestalteten Begleitheft – im Geleitwort lobt Christina Weiss den Versuch, „die Kraft von Büchern mit der Macht des Fernsehens zu koppeln“ – taucht gleich zweimal der Name von Natalja Ginzburg auf: Die Grand Dame der italienischen Literatur, deren Ehemann, der Slawist Leone Ginzburg, im Jahr 1944 in faschistischer Kerkerhaft ermordet wurde, steht da als Vertreterin der russischen Dichtung zwischen Anna Achmatowa und Marina Zwetajewa, und neben Ossip Mandelstam und Isaak Babel wird sie zu einem Opfer des Stalinismus erklärt. Statt des Medienverbundes wäre der Stiftung zu wünschen, sich künftig stärker auf ihr Kerngeschäft, die Realisation schwieriger und hoffnungsloser editorischer Projekte – zum Beispiel die Kritischen Ausgaben der Werke Hugo von Hofmannsthals und Thomas Manns –, zu konzentrieren und die Kooperation – mit der „Stiftung Lesen“ zu suchen. Und mit dem Lesen gleich im eigenen Haus anfangen: Zum Beispiel in den Lizenzausgaben der Werke von Natalia Ginzburg oder in Maja Pflugs dort 1999 erschienener Biographie.

Volker Breidecker am 17. 09. 2003 in der Süddeutschen Zeitung

 

Nirgendwo auf der Welt ist dem Dichter eine so unerbittliche Pflicht auferlegt worden wie in Rußland – vielleicht, weil von den Zaren bis zu den Sowjets die Freiheit in diesem riesigen Land nur einen einzigen Ort hatte: den der Literatur. Der russische Dichter sollte moralischer Anführer und Prophet eines Landes sein, von dessen offizieller politischer Überzeugung er sich freilich oft genug distanziert hat – und von dessen bäuerlicher Tradition er kraft seiner Bildung entfremdet blieb. Kein Land auf der Welt hat vielleicht darum seine Dichter und Schriftsteller so gefürchtet, so hartnäckig verfolgt und so notorisch in die Verbannnung geschickt wie Rußland.

 

Puschkins Vermächtnis

(I): 1849 wird Fjodor Dostojewski – der zu dieser Zeit schon als Schriftsteller hervorgetreten ist – als Mitglied eines Verschwörerzirkels verhaftet, zum Tode verurteilt, eine Minute vor Vollstreckung des Urteils begnadigt und nach Sibirien in die Verbannung geschickt. Dort lernt er das Personal und deren Psychologie für seine folgenden Romanerfolge kennen: Schuld und Verbrechen, Die Dämonen, Der Idiot und Die Brüder Karamazow. 1859 kehrt Dostojewski nach Petersburg zurück und schreibt sich in die erste Garde der russischen Literatur. 1880 hält er in
Moskau – anläßlich der Enthüllung eines Puschkin-Denkmals – eine folgenreiche Rede, in der Puschkin zum Urahn, Erfinder und Propheten der russischen Literatur erklärt wird. Das dann so genannte Goldene Zeitalter der russischen Literatur –Puschkin, Gogol, Lermontov und Gontscharow umfassend – stiftet dem Land zwischen Europa und Asien nationale Identität.

Propheten der Revolution: Tolstois Erben

(II): Zu Anfang hat Graf Tolstoi wenig literarische Ambitionen. Er stammt aus einer der vornehmsten Familien Rußlands. Ziellos lebt er auf dem Gut Jasnaja Poljana dahin, bis er der Kaukasus-Armee als Freiwilliger beitritt. Die Lektüre
Rousseaus spricht ihn stark an und – weckt sein literarisches Talent. Nach einigen erfolglosen Versuchen entstehen die homerhaften Epen Krieg und Frieden und Anna Karenina. Der realistische Roman findet hierin seinen Höhepunkt.

Dostojewski und Tolstoi gelten – jedenfalls im Westen – als das Dioskurenpaar der russischen Literatur. Bei aller
künstlerischen und weltanschaulichen Spannung zwischen den beiden Dichterfürsten treffen sie sich doch in einem: in ihrem religiös-sittlichen Rigorismus. Beide lehnen die Orientierung des Adels nach Europa ab (russische Fürstinnen waren der Ansicht, Gogol sei etwas für Kutscher) und streiten für eine Russifizierung Rußlands. In Krieg und Frieden ruft der Anblick eines „authentischen“ russischen Bauerntanzes die europäisierte Seele der Adeligen Natascha zur Besinnung.

Dostojewski wie Tolstoi halten die russische Seele für dem westlichen, korrupten Materialismus moralisch überlegen. Tolstois von Rousseau initiiertes, volkspädagogisches Interesse mündet in eine von dem Schriftsteller betriebene Schulreform – und in eine Literatur, die voller guter Ratschläge ist. Schließlich distanziert sich Tolstoi – ähnlich wie Gogol, der seine Manuskripte verbrennt – in einer ideologischen Wende von der Literatur – und wird zu einer geistigen Autorität ersten Ranges. Man pilgert zu dem Schriftsteller-Propheten wie zu einem Heiligen. Tolstoi erfüllt, was
Dostojewski zum unbedingten Amt des Schriftstellers erklärt hat: Der Welt den russischen Christus zu offenbaren.

Nach dem Höhepunkt des realistischen Romans gerät die russische Literatur in eine Krise. Nach Neuem wird verlangt, nach Revolution und Erneuerung. Dazu kommt die beginnende Industrialisierung. Auto, Telefon und Kinematographie erobern rasch die großen russischen Städte. Chechow führt die klassische Schreibweise der russischen Literatur ihrer Vollendung zu. Der Symbolismus und mit ihm die Schriftsteller Brysow, Blok, Achmatowa und Gippius / Mereschkowski treten auf den Plan. Die Propheten prophezeien den Anbruch einer neuen Zeit. Doch die russische Decadénce wird zunächst „nur“ mit dem Ersten Weltkrieg konfrontiert.

Sieg über die Sonne: Diktatur der Utopie

(III): Majakowskis clowneske Vorträge verkünden Rußland sein Futur, seine Zukunft. Der Futurismus in all seinen Spielarten weckt Hoffnungen – doch die Oktoberrevolution (und der Bürgerkrieg zwischen Weißen und Roten 1918 – 20) sowie die Herrschaft des in Kunstdingen konservativen Lenin (und erst recht die Stalins) enttäuschen.

Die Verfolgungen und Erschießungskommandos lösen die erste große Emigrationswelle russischer Intellektueller zwischen 1920 und 1944 aus. Berlin wird zum Zentrum der russischen Exilanten, die russische Literatur insgesamt spaltet sich auf in Exil- und Sowjetliteratur. Majakowski begeht Selbstmord, Blok, der die Bolschewiki anfangs begrüßt hatte, wird von der grauenhaften Realität physisch und psychisch aufgerieben. Zinaida Gippius und Mereschkowski lehnen die Roten ohnehin unverhohlen ab.

Stalin will Pasternak zum neuen Propheten der russischen Literatur machen, doch dieser lehnt ab. Zensur und Bevormundung im Dienste des Volkes sind seine Sache nicht. So fällt die Wahl auf Maxim Gorki, dessen Theaterstücke im Westen monatelang die Bühnen bespielen.

Auf dem Schriftstellerkongreß 1934 verkündet Gorki den sowjetischen Realismus als Maßgabe für das künftige Kunstschaffen – das Ende lebendigen Schaffens zugunsten von erbaulicher Gesinnungsliteratur. Nach einer gewissen Tauwetterphase unter Chrustschow verhängt Breschnew wieder den Horizont. Wer Talent besitzt geht ins Exil. Wie Brodsky und Solchenizyn.

1991 bricht das Sowjetsystem zusammen. Solchenizyn bereitet seine Rückkehr aus den USA vor. Er inszeniert sich – in der Tradition Dostojewskis und Tolstois – als Prophet, doch keiner will ihn mehr hören.

 

Teil I: Puschkin, Gogol, Lermontov, Gontscharow, Turgenjew,
Dostojewski.

Teil II: Tolstoi, Symbolismus (Brysow, Blok, Achmatowa (1),
Iwanow), Gorki, Chechow.

Teil III: Majakowski, Achmatowa (2), Pasternak, Bulgakow, Charms,
Pasternak (2), Brodsky, Solchenizyn.

Interviews mit: Viktor Jerofejew, Vladimir Tunimanow, Andrej Voznesenski, Boris Averin, Nikolai Alexandrow, Jakov Gordin und Vladimir Markowitsch.

Camping

Camping, Roman von Thomas Palzer

Camping. Rituale des Diversen. München 2003: belleville
Mit einem Bildwerk von Wolfgang Ellenrieder
246 Seiten, broschiert
16 S. in Farbe
erschienen 2003
ISBN 978-3-933510-85-3
€ 17,00

Welche famosen Abenteuer ich dann, sozusagen auf der anderen Seite der Welt, im Namen von Ren Dhark und Commander McLane, gewiß bewaffnet mit einer Laserpistole, auf fremden, transsolaren Planeten bestehe, wissen allein meine Träume – aber die wahren für gewöhnlich die Diskretion.
Auch die Diskretion ist ein Raum, von dem die Mathematik nichts weiß.

Thomas Palzer

Mit Camping geht Thomas Palzers Bestandsaufnahme der Gegenwart in die dritte Runde. Die kleine Form als Antwort auf die Tatsache, daß das Ganze das Falsche ist. Nach Hosenträger – Nachrichten aus der Welt von Gestern (Juli 1991-August 1994) und Ab hier FKK erlaubt – 50 Schnelle Seitenblicke auf die neunziger Jahre (August 1994 – Oktober 1995) ist Camping der dritte Band, der zwischen Solidarität und Dissens changiert, der alltagskulturelle Phänomene ebenso aufgreift, wie er den Temperamentwechsel feiert, den Zufall und den politischen Einspruch. SHELL und das literarische Quartett, Politik, Kannibalismus und eMail, Kunst am Bau und das Wissen als Macht, die Farbe des Stroms und das Quiz, Gentechnologie und Überwachung, Bücher und Alkohol, Architektur, die Zukunft des Getränkemarkts, die ermüdete Moderne und BBQ – um all das geht es, und um einiges mehr. Camping – Rituale des Diversen ist ein eigensinniges Stück Literatur, ein Journal, das den Zeitraum zwischen November 1995 und Oktober 2001 begleitet – kulturdiagnostisch und kulturkritisch – von dem Anspruch getragen, sich weder von der Macht der anderen dumm machen zu lassen noch von der eigenen Ohnmacht (und darin wiederum Adornos »Minima Moralia« treu und untreu zugleich). Camping ist das Dokument eines Straßenintellektuellen, eine Textsammlung jenseits von Sittenpolizei, der Arroganz der Theorie und der von dieser erzwungenen Zustimmung. Disparate Prosastücke, die sich zu mobiler Schönheit fügen, launisch und leidenschaftlich, prosaisch und provisorisch, poetisch und pointillistisch.

Karl Bruckmaier beschreibt den Autor Thomas Palzer als Alleinunterhalter, wobei er damit jemanden verstanden wissen will, der sich mit sich selbst unterhält. Er zeigt sich in seiner kurzen Besprechung des Bandes mit Essays und Prosatexten ziemlich angetan von den dem Paradoxon verpflichteten Texten, wobei er es besonders zu schätzen weiß, daß der Autor ohne erhobenen Zeigefinder schreibt und es Palzer zudem überhaupt nicht stört, Thesen zu vertreten, von denen er ein paar Seiten später schon wieder das Gegenteil behauptet. Den Text über den Anschlag vom 11. September preist der Rezensent überwältigt als das Tiefste, das über dieses Thema geschrieben worden ist und deshalb verzeiht er Palzer auch den mitunter überhand nehmenden Sophismus seiner Prosatexte.

Süddeutsche Zeitung (revisited von Perlentaucher.de)

Martin Heidegger

Martin Heidegger.
Dokumentation, Deutschland © 2002 SWR / Kick-Film

Buch + Regie: Thomas Palzer. Kamera: Werner Schmidke. Ton: Olaf Krohn, David Heinemann. Schnitt: Isabelle Allgeier. Redaktion: Martina Zöllner. Produktion: Kick Film GmbH. Produzent: Jörg Bundschuh. Länge: 60 min. Vertrieb: Kick Film GmbH

Auszug (Server: Universität Graz)

https://youtu.be/Z1bCXeXgFK4

Meine liebe Hannah! / Willst Du diesen Sonntag Abend (19.
VII.) zu mir kommen? Ich lebe in der Freude dieser Stunden. Komm gegen 9 Uhr! Wenn freilich die Lampe in meinem Zimmer brennt, dann bin ich durch eine Besprechung abgehalten. In diesem – unwahrscheinlichen – Fall komme am Mittwoch um dieselbe Zeit. Dienstag habe ich leider Graeca. Wenn Du kommst, bring den
Zauberberg II mit, falls Du ihn zur Verfügung hast. In den Tagen, als ich nicht arbeiten konnte, habe ich Band I in einem Zuge gelesen. Freilich müßte man das Buch ‚studieren’. Ich bin sehr beladen mit Examens- und Sitzungs- und Gutachtenkram und mehr Beamter als Mensch. Umso mehr freue ich mich auf ein Ausruhen mit Dir. Dein M.

Brief Martin Heideggers an Hannah Arendt am 17. Juli 1925

Von weit her kommt sein Denken, von Heraklit und Platon, aus Griechenland – er selbst kommt aus dem Schwarzwald. Heidegger – das ist der Name für eine lange und verwickelte Geschichte. Eine Geschichte, in der sich auch das Unglück der Deutschen wiederfindet.
Als junger Philosoph in Marburg liebt er eine jüdische Studentin. Später woird sie so berühmt wie er. Ihr Name: Hannah Arendt.

Martin Heidegger – der Name steht für Radikalismus und Provinzialität. Heideggers Verwicklungen in der Zeitgeschichte machten ihn zu einem der umstrittensten Denker des vergangenen Jahrhunderts. Eine Geschichte, in der sich auch das Unglück der Deutschen wiederfindet. Als junger Philosophieprofessor aus dem Schwarzwald verliebt er sich in eine jüdische Studentin, Hannah Arendt, die “Passion seines Lebens”. Das Dritte Reich begrüßt er, er möchte den Führer – Adolf Hitler – führen. Trotz allem ist Martin Heidegger in der heutigen Philosophie präsent wie kaum ein anderer – auf der ganzen Welt. Ein Film über das widersprüchliche Leben des großen Denkers, der so radikal wie kaum ein anderer die Frage nach dem Sinn der menschlichen Existenz gestellt hat.

1966 wurde der Philosoph Martin Heidegger von dem Spiegel-Journalisten Rudolf Augstein interviewt. Darin äußerte sich der öffentlichkeitsscheue Heidegger erstmals zu seinem Verhältnis zum Nationalsozialismus. Der Medienwissenschaftler Lutz Hachmeister beschäftigt sich in seinem Buch mit der Frage, wie es dazu kam.

Rezension: Lutz Hachmeister Heideggers Testament. Der Philosoph, der Spiegel und die SS. Berlin 2014: Propyläen

Joseph Beuys – Messias in Filz

Joseph Beuys war der Mann mit dem unvermeidlichen Filzhut. Den trug er wie einen Heiligenschein aus Filz. Und dieses einprägsame Bild wiederum hat Beuys zur Ikone gemacht – zur Ikone für den berühmtesten und umstrittensten Künstler im Nachkrieg­s­deutsch­land. Sein Wirken ist nicht nur legendär, er selbst hat auch kräftig an eigenen Legenden gesponnen.

1921 in Kleve geboren, gilt Beuys‘ Interesse zunächst den Naturwissenschaften. Nach dem Abitur durchläuft er bei dem Tierfilmer Heinz Sielmann eine Ausbil­dung zum Bordfunker. 1944 wird er, während eines Einsatzes auf der Krim, in seiner StuKa abgeschossen. Tartaren wickeln den Schwerverletzten in Filz und salben ihn mit Fett – ein Erlebnis, das für Beuys zur Initiaton wird (oder von ihm zu einer solchen gemacht) – dafür, Künstler zu werden und Fett und Filz zu den Betriebsstoffen seiner Kunst zu erklären.

Joseph Beuys – Messias in Filz
Dokumentation, Deutschland © 2001 SWR

Buch und Regie: Thomas Palzer. Kamera: Birger Bustorff. Ton: Til Löschner. Schnitt: Isabelle Allgeier. Redaktion: Martina Zöllner

1961 wird Beuys zum Professor für Bildhauerei an der Kunstakademie Düs­sel­dorf ernannt – gegen den Willen seines Lehrer Ewald Mataré. Daneben widmet er sich Fluxusaktivitäten, die ihn schnell bekannt machen. Hervorzuhe­ben ein Hap­pening in Aachen 1965: Nachdem ihm die Nase von einem aufgebrachten Studen­ten blutig ge­schlagen worden ist, ergreift Beuys ein aufblasbares Kruzifix und hält es dem Publikum demonstrativ vor die Nase – stilisiert sich in Sekunden­schnelle zur Christusfigur. Ein Foto, das bald durch Deutschlands Presse kursiert.

Beuys nimmt an der documenta 4 teil. Im Zuge der 68er-Unruhen gründet er verschiedene Organisationen, die allesamt die Bekämpfung des Parteien- und sklerotischen Obrigkeitsstaates zum Ziel haben: Er ruft die Menschen zur radikal freien Selbstbestimmung auf. 1971 besetzt er wegen der katastrophalen Zustände an der Düsseldorfer Kunstakademie deren Sekretariat – und wird daraufhin von dem damaligen Wissenschaftsminister Johannes Rau fristlos entlassen. Aber sechs Jahre später muß die Obrigkeit eine Schlappe hinnehmen: Beuys wird rehabili­tiert.

Inzwischen hat er – auf der documenta 6 – zusammen mit Heinrich Böll und Klaus Staeck die FIU ge­gründet – die „Freie Internationale Universität“, die seine politischen Aktivitäten bündelt. Folgerichtig kandidiert Beuys 1979 im Auftrag der Grünen für das Europaparlament. 1980 veranstaltet das Guggenheim Museum in NYC eine Retrospektive – die erste für einen lebenden Künstler. Damit beginnt Beuys’ Weltruhm.

Beuys gehörte zu den ersten, die auf das beginnende Zeitalter medialer Wirklichkeitsvermittlung reagierten. Er sah immer gleich aus, trug sein Outfit wie eine rasch wiedererkennbare Uniform – zum Beispiel eine Anglerweste. Wenn Petrus Fischer war, verstand sich Beuys als Menschenangler – als Hirte, Schamane, Künstlerpriester. Dazu paßt die Krim-Legende, deren Struktur den Heiligengeschichten von Moses oder Buddha ähnelt. Nach dem Tod Gottes hat sich Beuys zu einer dem Paradigma der Selbsterschaffung geweihten Christus- und Erlöserfigur stilisiert, hat das Künstler-Konzept des Genies mit einem Initationserlebnis ver­bunden und sich dadurch als „Sprecher des Menschengeschlechts“ legitimiert. Beuys, keine Frage, war ein „Messias in Filz“.

 

 

 

 

 

Palzer Scannell Wood: Nachmittag eines Fauns. Chansons

Palzer Scannel Wood
NACHMITTAG EINES FAUNS
Chansons
Trikont

bestellen bei Trikont

oder

NACHMITTAG EINES FAUNS

Calle 3:13 / Meßbuch 3:58 / Windjammer Jam 4:05 / Realitätsprinzip II 2:55 / Superkomisch 3:50 / Sie ist Mist 4:20 / Zinnbecher II 2:55 / Luna Park 2:39 / REM 4:40 / Navy Cut 5:30 / Spätes Mädchen (Ich bin schon fast 40) 4:32 / Volume 4:20 / Nachmittag eines Fauns 2:25 / Strohfeuer 2:25 / Schwarzer Atlas 4:05 / Status Quo 3:05 / Unterm Hut 3:05
Totalzeit: 62:02

Texte von Thomas Palzer
Musik von Stefan Wood

Aufgenommen in München, Sommer 1994 // Frühling / Sommer 1995 // Frühjahr 1996.
Gemischt bei Melnik @ Groovnik Studio, München, und Jens Ohly im Ohly Only Studio, Herbst 1995 / Frühjahr 1996

Gastgesang Sabine Gietzelt
Cover Michaela Melián
Titel Stéphane Mallarmé
Grafik Design: Hias Schaschko
Foto: Matthias Beckel

Nachmittag eines Fauns ist aus dem Hörspiel Journal intime, LP hervorgegangen, das der Bayerische Rundfunk am 7. Juni 1996 um 22:05 Uhr auf BR2 ausstrahlte. Produktion: Karl Bruckmaier. Dramaturgie: Christoph Lindenmeyer / Herbert Kapfer

Chansons – das sei „eine mindere Kunst für minderjährige Mädchen“ hat der Erfinder des Drei-Tage-Barts, Serge Gainsbourg, einmal gesagt. Recht hat er. Minderjährige Mädchen gibt es wieder genug, seit den französischen Poeten und Bürgerschreck das Zeitliche gesegnet hat – aber Chansons? Nein, all die Mädchen, die in­zwischen nachgewachsen sind und un­er­­müdlich weiter nach­wachsen, und all die ewig minderjährigen Frauen woll­te ich nicht länger mit sich allein lassen – auch wenn ich es in den Tagen, nachdem Gainsbourg gestor­ben war, als Poet und als Bürger­schreck noch längst nicht so weit ge­bracht hat­te wie dieser, der im übrigen an dem Weg mitgebaut hat, der in Frankreich die Strecke zwischen Michèle Mor­gan und Char­lotte Gainsbourg bemißt. Aber im­mer­hin sah ich mich als den ersten Serge Gains­bourg in unserem Häuserblock. So beschloß ich, meinerseits an dem Weg mitzu­bauen, den Deutschland von Ka­rin Dor zu Kristi­ane Backer zurücklegen würde. Doch was ist ein Chanson­nier ohne Chansons? Jahre vergingen, bis ich mich endlich dazu aufraffte, mir die Texte zu schreiben, die mir zur Erfüllung des Berufs­ziels noch fehlten – und rief Stefan (Wood) an, der seinerseits James (Scannell) anrief – und schon wenige Wochen später waren die Sachen dank der beiden größten­teils zu Lie­dern ge­reift. Ich ge­­be zu – trotzdem ein bißchen spät: Ich bin mittlerweile schon fast 40 und Kri­stiane Backer ist schneller herangewachsen, als daß ich noch ihr Vater werden könnte – was ich sehr bedauere, denn ich hätte mich von ihr gerne dazu erwählen lassen. Das hört man den Liedern zwei­fellos auch an: Jedes für sich ist den min­derjährigen Mädchen ein den El­tern ver­heim­­lich­ter Freund. Und verheimlichte Freunde sind, wie jedes min­derjäh­rige Mädchen weiß und wie jedes ewig ehe­mals min­­derjährige Mädchen sich problemlos erinnert, die besten. Erinnerungen also an Tage, wie es sie so nie gegeben hat. Chansons, die zusammen genommen den Augenblick beschrei­ben, aus dem ich gemacht bin. Schöner läßt es sich ei­gent­lich kaum sagen.

Thomas Palzer, 1996


Pressetext:
Wer kennte nicht seine eigene Plattensammlung? So auch Thomas Palzer. Egal, ob er eine Reise um sein Zimmer oder eine um die Welt unternimmt, ob zu Fuß, mit dem Motorrad, der Eisenbahn oder dem Flugzeug – seine Platten­samm­lung oder Re­ste von ihr begleiten ihn. Natürlich nicht in echt, sondern im Kopf. Und dazu macht er sich seinen Reim drauf. Eine Art Karaoke zur per­sön­lichen Platten­samm­lung – zu jener launischen Version, die entsteht, wenn Teile davon längst in Vergessenheit geraten oder durcheinan­dergebracht wor­den sind, falsch da­tiert oder – mit Zeigefinger und Daumen am Lenkrad – völ­lig falsch instrumen­tiert. Also prak­tisch alle Platten vom Gedächtnis noch­mal neu abgemischt und durchgesamplet sind. Wenn dann dazu epische oder lyri­sche Lieder im Sprech­ge­­sang vorgetragen werden – Lieder, die jedes für sich an irgendein anderes erinnern, man fragt sich bloß, an welches -, dann entsteht eine Wirk­lich­keit, die auf den Namen Chanson getauft ist. „Alles in der Welt ist nur dazu da, um in einen Chanson einzugehen“, hat Thomas Palzer einmal gesagt – aber auch dieser Satz erinnert uns, ehrlich gesagt, an den irgendeines anderen. War es Tony Joe White? Mallarmé? Willy de Ville?

Egal . Thomas Palzer ist ein Mann, der die vorletzte Fassung des Mannes spielt: Er war der erste Serge Gainsbourg in seinem Häuserblock. Und an je­nem fau­ni­schen Nachmittag wieder einmal ganz besonders. Herausgekommen ist dabei etwas für das Werkzeug, mit dem wir an Musik herangehen: für das entzückte oder erschauernde Rückenmark. Und auf diesem thront bekanntlich das Gehirn – in diesem Fall unter dem dreifaltigen Namen Palzer Scannell Wood zum Singer / Songwriter gereift.

Auftritt_Substanz_1996_06

Substanz, 4. April 1996

Die 17 sparsam arrangierten Songgedichte erzählen auch von einem Nord-Süd-Gefälle des deutschen Poparbeitertums, einer Demarkationslinie, die den preußisch-hanseatischen Norden vom eher barocken Süden trennt. Süden ist aber auch Vaudeville, Sumpffieber und Alabama-lama-100. In einem Song wie ,Windjammer Jam’ ist das Murmeln der Fürbitten in das Call & Response-Schema von Gospel und Blues übergegangen, und von da aus darf noch einmal etwas Ritual in das vorausgesetzte Reich der Zeichen eindringen.

taz 1996
IMG_20151207_0001
Stefan Wood
IMG_20151207_0002
James Scannell / Thomas Palzer

Substanz, 4. April 1996

Ab hier FKK erlaubt

Thomas Palzer. Ab hier FKK erlaubt. 50 schnelle Seitenblicke auf die neunziger Jahre.

Thomas Palzer Ab hier FKK erlaubt. 50 schnelle Seitenblicke auf die neunziger Jahre. München 1996: C. H. Beck
186 Seiten, broschiert
ISBN 978-3-933510-86-0
€ 10,–

Wie um den Erwartungen aller Aufklärungsdenker Hohn zu sprechen, die fortgesetzt die Massenkultur und ihren Drang zum niedrigsten Niveau kritisieren, weil sie nicht sehen, daß es heute mehr um Faszination denn um Bedeutung geht, gleicht die Lage einem beliebigen Tagesablauf im Fernsehprogramm, wo das Wetter nahtlos auf den Witz der Woche, der Kulturweltspiegel auf das Maggi Kochstudio und Klingendes österreich auf Leben und Sterben in Sarajewo folgt – und immer so weiter. Einziges Ordnungsprinzip ist das Datum – und das steht in krassem Widerspruch zu jenem unumstößlichen Wert westlicher Kultur: der Langlebigkeit, die von der Liebe ebenso gefordert wird wie von Grundsatzpapieren, Autobatterien und gewöhnlicher Wandfarbe. Dabei wirkt das Regiment des Datums auf seine eigene Weise aufklärerisch, denn es zeigt, daß durch Wissen allein keine Möglichkeit gegeben ist, um über Wertpositionen zu befinden.

50 schnelle Seitenblicke auf die neunziger Jahre

Eine Bestandsaufnahme der Gegenwart.

So liest man seine 5-Minuten-Essays mit Gewinn … Palzer ist ein Informationsjunkie, ein potentieller Alleswisser, der einen Bogen schlagen kann von Rousseaus Bekenntnissen zu T-Shirts, auf denen‚ was draufsteht (Blumfeld).

Tip Berlin

Wer Ohren für den Zeitgeist hat, der höre Zündfunk auf BR 2. Wer dies versäumt, kann zumindest die Beiträge Der unsichtbare Hosenträger — 5 Minuten Wohlstand für alle des 1956 geborenen philosophisch ausgebildeten Autors Thomas Palzer in überarbeiteter Form nachlesen. In 50 schnellen Seitenblicken auf die neunziger Jahre gibt er eine Kurzeinführung in die vorletzten Dinge, an die wir uns in dieser Endzeitlichkeit zu halten haben. So unübersichtlich das Nebeneinander der Stile und Moden, so rasant deren Verbrauch — höchste Zeit zu begreifen, daß es nicht mehr auf die letzten Dinge ankommt, sondern auf die nächstliegenden: etwa auf die Shampoo-Flasche am Badewannenrand. So schreibt der Autor über Kino und Lotto, Essen auf Rädern, Buß- und Bettag, Lyrik und Claudia Schiffer, Waschsalon und Rauchen in der Kirche. Sein kulturkritischer und aufklärender Blick macht vor nichts halt und hält nirgends inne. Flott zappen wir mit ihm über Felder, die den Herren Benjamin, Kracauer und Adorno wohl einmalig heilig gewesen sein müssen.

Uwe Justus Wenzel in Neue Züricher Zeitung

Secret Service

Thomas Palzer Secret Service

Secret Service. Kleine Ekstasen. belleville
Cover und Vignetten: Michaela Melián
141 Seiten, broschiert
erschienen 1995
ISBN 3933510120 141
€ 11,00

Secret Service. kleine Ekstasen ist ein Band mit Kurz- und Kürzestgeschichten – ist Literatur, die so klug ist, daß sie weiß, woher sie kommt – und die mit ihrer Vergangenheit spielt – freilich ohne dabei zu vergessen, daß die Zukunft dort – also in der Vergangenheit – kaum liegen kann.

5a
© Matthias Beckel

Auch kenne ich die Gründe nicht, weshalb ich vor ihm auf der dunkelgrünen Schreibunterlage ein großes Glas Bier stehen sehe. Jedenfalls wischt sich Vincent den Schaum mit dem Ärmel seines grauen Jacketts vom Mund, das hinter ihm an der Lehne hängt. Na ja, auch ich habe mir eben mit dem Ärmel den Mund gewischt. Daß ich das getan habe, hat natürlich mit der Wärmelehre zu tun.

Ärmelkanal


5b
© 1995 Tim Rautert / C. H. Beck

Inhalt:

Tabasco Road ……………………………….1

Ärmelkanal …………………………………13

Wulle Bulle …………………………………18

Schwarzer Schauer II ………………..19

Liturgie ……………………………………….40

     Respekt                                                                                                                                                                                         

     Licht und Schattten

     Trost

     Lebenskunst

     Versuchung

Fummel, Milieustudie ……………….56

Jugend ohne Gott ……………………….67

Reserviert! ………………………………….75

München ist frei! ……………………… 84

Dein entblößtes Herz ……………….. 90

Domino ……………………………………… 91

Sportsgeist ………………………………..100

Overhead Projektion ………………..101

      Am Brunnen vor dem Tore

      Farm der Tiere

      LSDAP

      Im Hotel

 Don Camillo als Peppone ………..11

Hosenträger

Thomas Palzer Hosenträger. Nachrichten aus der Welt von Gestern. Cover und Vignetten: Michaela Melián

Thomas Palzer Hosenträger. Nachrichten aus der Welt von Gestern. 142 Seiten, broschiert.
München 1994: belleville
Cover und Vignetten: Michaela Melián
ISBN 978-3-933510-13-6
€ 10,–

Thomas PalzerWas haben Radio und Hosenträger miteinander gemeinsam. Ich gebe sofort die Antwort: Diese 60 Texte hier. 60 mal Philosophie im Praxistest. Eine unumgängliche Sammlung für jeden, der sich im Labyrinth freundlicher und belangloser Nachrichten nicht heillos verlaufen will. Der weiß, dass – dem Zeitstil entsprechend – die Hose oben bleiben muß. Allen Moden, Rekorden und Torheiten zum Trotz.

Ein Blick auf alltagskulturelle Phänomene, der zwischen Solidarität und Dissens changiert und dabei viel Temperament zeigt. Aus dem Vokabular resultieren die Werkzeuge, mit denen die Welt ausgelegt und erzeugt wird; sie heißen neuerdings Achtsamkeit, Beobachtung, Bewußtsein. Das läßt uns an Georg Berkeley und die seinerzeit in Mode gekommenen englischen Gärten denken. Für Berkeley galt: esse est percipi – Sein ist Wahrgenommenwerden.
Müßig im Englischen Garten flaggend, der Sonne den Rücken zukehrend, sehen wir am jenseitigen Horizont also eine neue Variante der Romantik heraufziehen.

Thomas Palzer

Pony

Thomas Palzer Pony

Thomas Palzer Pony. Geschichte. 158 Seiten, broschiert
München 1994: belleville
ISBN 978-3-933510-87-7
€ 9,–
eBook: 110 Seiten
Waldhof Tiefendorf 2011/2015: Eisenhut (2. Auflage)
€ 4,99

Vorhin, immer noch auf dem Bett, kam mir der Gedanke, zu beichten; nicht einem windigen Gott, mir selbst. Ich sagte mir, daß es unterhaltsam sein müßte, sich vor dem eigenen Ich zu offenbaren. Ich bin aufgestanden und habe mich an den Schreibtisch gesetzt. Ich habe Papier genommen und habe angefangen zu schreiben. Ich schrieb und fing an, mich zu erinnern. Ich entdeckte, daß in der Erinnerung eine Menge Trost liegt. In der Erinnerung wird sich das Ich transparent – und vermutlich nur dort. Wenn ein Mann auf die vierzig zugeht, muß er sein Leben mit der Vergangenheit beleihen, will er seiner Existenz noch Fülle geben – oder wenigstens den Anschein davon. Ich will von einer Frau erzählen, die in meinem Leben eine besondere Rolle gespielt hat; vielleicht spielt sie diese Rolle auch nur deshalb, weil ich zufällig gerade an sie denke. Ich erzähle von einer Frau, die ich nicht geliebt habe. Ich erzähle von dem Kraftfeld, das zwischen Anziehung und Abstoßung liegt, zwischen Entweihung und Anbetung. In diesem Rhythmus vollzieht sich das Leben.

Auszug


»Pony. Geschichte« ist das Manifest eines Mannes, der sich durch das Schreiben eine eigene Wirklichkeit erschafft und diese für die tatsächliche erklärt. Die skizzierte Liebesgeschichte spielt in einer uneindeutigen, wahnhaften Wirklichkeit.

»Mehr als ‘Pony’ mag man ohnehin nicht von einem Autor erwarten.«

Karl Bruckmaier, Süddeutsche Zeitung


»Den jüngsten Beweis dafür, dass Münchner Literatur zur Zeit führend ist, hat Thomas Palzer geliefert mit Pony … Wie Drogenträume ziehen die Bilder vorbei.«

Helmut Krausser, Vogue»

»Palzers Geschichte ist das Dokument eines Irrtums, der persönlichen Verfehlung seines Protagonisten, seines Scheiterns, das ihm jedoch eine wunderbar zwingende Kunstdefinition abringt und gleichzeitig der Schlüssel ist zum Verständnis von Pony: „Wenn ich schon dazu verdammt bin, meinem eigenen Zerfall beizuwohnen, so will ich wenigstens davon Zeugnis ablegen.«

Benjamin Jahn Zschocke am 9. November 2011 in Blaue Narzisse
Wenn ich in meine Vergangenheit hinabsteige, zu der siedenden Welt, die tief in mir ruht, dann erkenne ich, daß Tanja vor allem die Komplizin meiner Fiktion war.

Im Falle Pony wird das Ich im Gleichschritt mit der Fiktion seiner selbst erschaffen … vielleicht erreicht Pony deshalb eine ganz ungewohnte Dichte.

Trash 10

Der Autor nennt das einen Hirnwichs. Auch das ist gewissermaßen doppelsinnig.

literatur konkret

Das Ich in Pony durchlebt eine Zeit, aus der ein Amerikaner einen Country-Song machen würde … Mehr als Pony mag man ohnehin nicht von einem Autor erwarten.

Karl Bruckmaier in der Süddeutsche Zeitung

Den jüngsten Beweis dafür, daß Münchner Literatur zur Zeit führend ist, hat Thomas Palzer geliefert mit Pony … Wie Drogenträume ziehen die Bilder vorbei.

Helmut Krauser in der Vogue

In diesem Buch geht es um die Sprache selbst … Trotzdem ist Pony keine experimentelle Geschichte, sondern liest sich: saugut.

Ö4, Blue Danube Radio