Thomas Palzer hat mit Ruin einen vielschichtigen Zeitroman geschrieben, eine Liebesgeschichte und einen Gesellschaftsroman. Er verwebt die Biografie des Vaters, des reichen und renommierten Kunsthändlers, mit der noch längst nicht glücklich beendeten politischen Zusammenführung von Ost und West. Er erzählt auf eine erstaunlich einfühlsame und dezente Weise von einer verbotenen Liebe (von deren Unmöglichkeit freilich nur der Leser und Dora etwas wissen, während Viggen bis zum Schluss unwissend bleibt). Und er wendet ein Verfahren an, das schon Michel Houellebecq in seinen Roman erfolgreich erprobt hat (mit dessen analytischer Kraft und Beobachtungsgabe Palzer es aufnehmen kann, ohne dessen Schärfe zu erreichen): Immer wieder finden sich in Ruin längere essayistische Passagen, die eine gesellschaftliche Tendenz, eine historische Entwicklung sozusagen als Behauptung und mit Zugriff auf das Große und Ganze in den Text stellen, um dann im Einzelnen, in den Charakteren ausgeführt und bewiesen zu werden.
Christoph Schröder in der Frankfurter Rundschau